Es gibt Tage, an denen man gerne früh aufsteht. Dieser Dienstag ist so einer, denn an diesem Dienstag
fliegen wir nach Korfu. Und so nimmt man einen um 6.00 Uhr lärmenden Wecker ganz anders wahr, als an
anderen Tagen. Nach dem wir gefrühstückt und unsere Brötchen geschmiert haben, bringt uns der Bus um
7.27 Uhr zum Hauptbahnhof, wo wir um 7.56 Uhr in den Regionalexpress zum Düsseldorfer Flughafen steigen.
Mit etwas Verspätung treffen wir dort gegen 8.40 Uhr ein. Da die Skytrain mal wieder außer Betrieb ist
— diemal wird sie für ein halbes Jahr saniert — bringt uns ein Shuttle-Bus zum Abflug-Terminal.
Wir suchen den LTU-Schalter, wo wir uns einchecken. Die Boarding-Time ist für 10.05 Uhr angesetzt, doch es
dauert noch ein weiteres Viertelstündchen, in dem wir an unseren Brötchen mümmeln, ehe wir einsteigen.
Unsere Sitze befinden sich weit hinten in Reihe 25. Leider haben wir keinen Fensterplatz. Die offizielle
Startzeit wird noch einmal um 10 Minuten auf 10.55 Uhr veschoben. Dann starten wir in einen strahlend blauen
Düsseldorfer Himmel und nehmen Kurs in Richtung Süden. Zwischenzeitlich können wir unsere Uhren schon einmal
um eine Stunde vor stellen. Wir bekommen Sandwiches, Joghurt und Kaffee serviert. Nach etwas über zwei Stunden
Flug setzt die Maschine gegen 14.15 Uhr Ortszeit in Kérkira auf, nicht jedoch ohne uns zuvor noch einige
Schleifen über der Insel zu gönnen, die uns trotz unserer ungünstigen Plätze einige schöne Ausblicke
zum Beispiel auf die problemlos erkennbare Lagune Koríssion verschaffen.
Dem einzigen Rollfeld des kleinen Flughafens fehlen jegliche Absprerrungen. Hütten und Schuppen reichen
bis auf wenige Dutzend Meter an es heran. Wir steigen über eine an das Flugzeug herangefahrene Treppe aus
und gehen zu Fuß zu dem Flughafengebäude, wo wir direkt am Gepäckband anlangen. Unsere Taschen lassen lange
auf sich warten, und so sind wir bei den letzten unseres Fluges, die ohne weitere Kontrollen dem Ausgang
zustreben. Dort wartet bereits Sofia, mit der ich während der letzten Wochen einige Mails ausgetaucht habe,
unverkennbar dank des bunt bedruckten DIN-A4-Zettels in ihrer Hand, auf dem der Name des
Hotels Bella Vista
und unsere Namen zu lesen sind. Sofia ist erheblich jünger, als ich sie mir vorgestellt habe. Gemeinsam mit
ihrer Familie führt sie den Hotelbetrieb des Bella Vista und nimmt dabei die Rollen der Managerin, Kellnerin
und Rezeptionistin in einer Person ein.
Nach einer freundichen Begrüßung steigen wir in den bereitstehenden
Mercedes-Kleinbus. Sofias Bruder steuert den Bus vom Flughafen weg, während Sofia uns in englischer Sprache
von der Insel erzählt. Bald liegen die 11 Kilometer bis zum hoch an einem Berg gelegenen Pélekas hinter uns.
Eine eng gewundene, steile Straße führt uns einen weiteren Kilometer bis zum Hotel oberhalb des Pélekas
Beach hinunter und verdeutlicht uns eindrucksvoll, dass es vielleicht nicht unbedingt eine gute Idee ist,
hier Fahrräder zu mieten, wie wir es ursprünglich angedacht hatten, und damit allmorgendlich die über
200 Meter Höhenunterschied hinauf zum Dorf in Kauf zu nehmen. Ob das Fahren eines Autos angesichts der
haarsträubenden Kurven aber mehr Spaß machen wird, bleibt abzuwarten.
Sofia serviert uns Kaffee und Marmorkuchen im Aussichtspavillon. Leider ist der Himmel hier nicht ganz so
blau wie der über Düsseldorf. Dann nehmen wir unser Studio in Beschlag. Zimmer 8 verfügt über eine kleine
Pantryküche mit Kühlschrank, zwei Herdplatten einer gefüllten Weinkaraffe und einem gefüllten Obstteller,
drei Betten, von denen wir zwei erst aneinanderrücken müssen, einer sehr kleinen Dusche mit WC und Dunstabzug
per Fenster auf den Flur, einem elektrischen Raumluftparfümer, dem wir sofort den Strom abdrehen, wie auch
dem Fernseher oben an der Wand, und einem halbüberdachten Balkon mit Gartentisch und -stühlen und einem
atemberaubenden Ausblick über das Ionische Meer, die abwechslungsreiche Küstenlinie Richtung Norden und
den unter uns gelegenen Pélekas Beach. Am liebsten würde ich das dritte Bett in unserem Zimmer direkt
auf den Balkon schleppen.
Nachdem wir unsere Sachen ausgepackt und uns etwas eingerichtet haben, stiefeln wir los und erklimmen die
Serpentinen bis zum Dorf oben auf dem Berg. Dass wir mit unserem Urlaub früh in diesem Jahr sind, wissen
wir, dass wir jedoch so früh sind gibt uns zu denken. Sämtliche Tavernen und Cafés liegen wie
ausgestorben da und warten auf den Sommer. Als wir oben auf Kaiser's Thron stehen, dem Felsgipfel oberhalb
des Dorfes, von dem aus Wilhelm II. die spektakulären Sonnenuntergänge über der Ionischen See beobachtet
haben soll, und uns an der großartigen Rundumsicht über weite Teile der Insel ergötzen, beginnt es zu regnen.
In einer etwas tristen Stimmung treten wir den Rückzug in unser Hotel an. Wenigstens findet hier etwas
Leben statt, und wir sind nicht die einzigen, die uns im Restaurant von Sofia verköstigen lassen.
Kordula probiert das Souvlaki, ich das Moussaka, dazu nehmen wir einen Griechischen Salat und trinken Bier.
Auch die Sonne schält sich nun noch aus den Wolken und beschert uns einen Postkarten-gerechten Sonnenuntergang
im fernen Horizontdunst. Den Rest des Abends verbringen wir auf unserem Balkon. Bei Teelichtschein trinken
wir den Wein, den wir auf unserem Zimmer gefunden haben, spielen Kniffel und sehen zu, wie die Dämmerung
hereinbricht und den Vorhang für die ersten Sterne lichtet.